Achtsamkeit in der Arbeitswelt

Veröffentlicht am
28 August 2019
Zuletzt aktualisiert
16 Dezember 2023
Inhaltsübersicht

Achtsamkeit in der Arbeitswelt – falls du dich fragst, wie das geht und wie auch du es schaffst Achtsamkeit in deinen Arbeitsalltag zu integrieren, dann bist du hier genau richtig! Wir wünschen dir viel Spaß beim Lesen!

Wie lässt sich Stress am Arbeitsplatz reduzieren? – Achtsamkeit in der Arbeitswelt ist mittlerweile mehr als nur eine spirituelle Praxis

Wenn es um die Themen Meditation und Achtsamkeitsübungen geht, kommt es vor, dass man davon ausgeht, man wisse, worum es sich hierbei handelt. Möglicherweise hat man eine ungefähre Vorstellung davon, wie solche Übungen ablaufen. Wenn man sich jedoch eingehender mit der Thematik befasst, wird der eine oder andere überrascht feststellen, wie umfassend sich die Wissenschaft in den letzten Jahren mit den uralten Traditionen beschäftigt hat – und es zunehmend tut!

Denn nicht nur für buddhistische Mönche ist Achtsamkeit (Mindfulness) eine Bereicherung. Egal ob (beziehungsweise welcher Religion) man angehört, die simplen Übungen erweisen sich als Wohltat für den Geist (mehr zur Wirkung von Meditation hier). Kein Wunder also, dass die Thematik nach und nach in allen möglichen Bereichen Anwendung findet. Selbst als Alternative zu herkömmlichen Formen der Psychotherapie hat man mit der sogenannten „Mindfulness-Based Cognitive Therapy“ (MBCT) schon erstaunliche Ergebnisse in empirischen Studien erzielt.

Achtsamkeit in der Arbeitswelt

Im Zusammenhang mit Unternehmen schlägt Achtsamkeit zwei Fliegen mit einer Klappe: Neben der mentalen Gesundheit steigt auch die Produktivität, wie eine Studie von Aikens et al. (2014) nahelegt. Doch die Studienlage unterliegt aktuell noch einem starken Wandel. Zwar gibt es Ergebnisse, die auf eine hohe Wirksamkeit hinweisen, aber auch solche, die hingegen nahelegen, dass die Interventionen lediglich einen spezifischen Einfluss auf bestimmte Bereiche haben und nicht universell wirksam sind (Pieter & Wolf, 2013).

Es gilt also noch herauszufinden, unter welchen Umständen welche Maßnahmen bestmöglich wirken, denn bei den heutigen Verhältnissen und Anforderungen am Arbeitsplatz scheint der Anteil psychischer Probleme kontinuierlich anzusteigen. Sie zeigen sich nicht nur in der zunehmenden Arbeitsunfähigkeit, seit Ende der 90er Jahre zählen psychische Erkrankungen sogar zu den Hauptgründen der Frühverrentung (Pieter & Wolf, 2013).

Kann Achtsamkeit Stress in der Arbeitswelt reduzieren?

Interventionen zur Stressreduktion werden also in Hinblick auf die Arbeitswelt immer interessanter und gefragter. Aber wie lehrt man effektive Stressbewältigung im Job?

Obwohl es noch kein „Handbuch“ für die effizienteste Anwendung der Methoden gibt, lohnt es sich, selbst mit Achtsamkeitsübungen zu experimentieren, denn eine Vielzahl von Studien zeigen bereits auch auf neuronaler Ebene, dass Achtsamkeit das Potenzial bietet, Gesundheit und Leistungsfähigkeit steigern zu können. Achtsamkeit („mindfulness“) beschreibt die Haltung, ganz „da zu sein“. Eine Situation, ohne sie vorschnell zu bewerten, wahrzunehmen und anzunehmen.

Business Benefits der achtsamkeitsbasierten Meditation

Regelmäßige Übung ermöglicht es, eine neue Perspektive auf Situationen einzunehmen und Probleme auf kreative Weise zu lösen, indem man beispielsweise neue Verhaltensweisen ersinnt (=thinking out of the box) (Sauer et al., 2011). Dies sind selbstverständlich Fähigkeiten, die man sich sowohl von Angestellten als auch von Führungskräften wünscht. Daher scheint es ein Gewinn für alle Beteiligten zu sein, regelmäßige Meditationen versuchsweise in den Alltag von Unternehmen zu integrieren. Mit anderen Worten: Das Potenzial von Achtsamkeit als Personalentwicklungsmaßnahme ist gegeben.

Achtsamkeit für eine bessere Atmosphäre in Meetings

Der Wirtschaftswissenschaftler, Autor, Unternehmensberater und buddhistische Lehrer Kai Romhardt befasst sich mit den Anwendungsmöglichkeiten von Achtsamkeit in Meetings. Seiner Meinung nach vermögen es bereits kleine unscheinbare Maßnahmen, einen Unterschied im gemeinsamen Miteinander zu bewirken – und können auf die Teilnehmenden sowohl freudvoll und inspirierend wirken, als auch das Gefühl von Frustration oder Zeitverschwendung erzeugen. Die Begründung ist einfach: Trägt man ein negatives Urteil oder negative Gefühle über andere in sich, steht dies einer konstruktiven und positiven Atmosphäre im Weg. Ist man sich im Falle dessen nicht bewusst, wird man auch nicht versuchen, eine solche Einstellung beiseite zu legen.

Achtsamkeit wird daher als Schlüssel für eine gute, produktive und effiziente Meeting-Atmosphäre angeführt, da es einen Geisteszustand beschreibt, in der einem der gegenwärtige Moment voll und ganz bewusst ist und man so klar vor Augen hat, was in den eigenen Gedanken und Gefühlen gerade für ein Zustand herrscht. Nimmt man wahr, wie man über andere urteilt, ist man auch in der Lage, von Wertungen abzusehen. So entsteht eine Atmosphäre des Vertrauens und des wertfreien Zuhörens, welche das Potenzial hoher Produktivität birgt.

Aber was bringt dies dem Einzelnen?

Nun könnte man fälschlicherweise dem Trugschluss erliegen, Achtsamkeit aus rein altruistischen Gründen zu praktizieren – Achtsamkeit hat nämlich unter anderem auch die Reduzierung egozentrierter Tendenzen zur Folge. Jedoch tut man durch achtsames Verhalten nicht in erster Linie seinen Mitmenschen, sondern sich selbst einen Gefallen! Eine achtsame Haltung bewirkt folglich ebenso einen achtsamen Umgang mit anderen.

Denn wenn man negative Gefühle wie Wut oder Neid in sich spürt, jedoch dennoch dazu in der Lage ist, sich von ihnen zu lösen, wirkt sich dies nicht nur positiv auf das eigene Wohlbefinden, sondern ebenso auf das der zuvor negativ bewerteten Person aus. Das gemeinsame Miteinander profitiert davon enorm! Nach einiger Zeit kann man beobachten, wie sich durch achtsamere Kommunikation bestehende Machtgefüge verändern und Unterbrechungen sowie Monologe weniger werden.

Achtsamkeit in der Arbeitswelt – aber WIE?

Natürlich ist es ein Übungsprozess, zu welchem man gewillt sein muss, aber schwer ist es nicht. Rombardt schlägt vor, man solle vor einem Meeting etwa 30 Sekunden für einen Moment der Stille sorgen, um gänzlich im Hier und Jetzt ankommen und sich auf das Meeting einlassen zu können. Generell solle man keine Angst vor Stille haben (sie beispielweise für peinlich, beklemmend oder unproduktiv halten), sondern sie bewusst einsetzen, um ab und zu einen Beitrag nachklingen zu lassen und sich selbst die Zeit zu geben, ihn innerlich einzuordnen.

Man bekomme durch solche Übungen einen besseren Blick für das Wesentliche. Eine andere einfache Maßnahme sei das Aufstellen von klaren Kommunikationsregeln. Das gibt die Sicherheit, dass man zu Wort kommen wird, wenn man möchte und befreit einen von dem Drang, jedem Redeimpuls zu folgen. „Einen Impuls wach wahrzunehmen und ihn nicht automatisch auszuagieren, ist Ausdruck großer Freiheit”, sagt Rombardt.“

Achtsame Führung

Auch in Bezug auf Meditation für Führungskräfte lässt sich schon etwas zum Thema Achtsamkeit sagen:

Da Führungskräfte häufig einer hohen Stressbelastung ausgesetzt sind, wären auch in diesem Kontext Achtsamkeitsübungen nützlich. Doch da es sich um mehr als nur ein leistungssteigerndes, stressreduzierendes Programm, nämlich eine Grundhaltung, die Denkgewohnheiten umstrukturiert, handelt, können neben den gesundheits- und leistungssteigernden Effekten auch soziale Erfolge erzielt werden: Laut Sauer et al. (2011) sei Achtsamkeit ein Prozess, der Führungskräfte dabei unterstütze, die „innere Transparenz“ zu erhöhen und somit als gutes Vorbild voranzugehen, anstatt ihren Führungsstil von Kontrolle und Anweisungen bestimmen zu lassen.

Dabei werden nicht nur das eigene Handeln und Denken besser wahrgenommen; auch die Bedürfnisse, Talente und Potenziale von Mitarbeitern können besser erkannt und eingebracht werden. „Wer in der Lage ist, seine mentalen Ressourcen anstrengungsfreier zu aktivieren, kann für Probleme effektivere oder innovativere Lösungen finden.“, so Sauer et al. (2011).

Narzisstische Tendenzen reduzieren

Anderen Studien zufolge sei die Reduktion narzisstischer Tendenzen ein zentraler Wirkfaktor der Achtsamkeitsmeditation (Shapiro et al., 2006). Das eigene Ich einen Schritt zurücktreten zu lassen und eine möglichst objektive Perspektive einzunehmen, führt zu weniger egoistischen und somit häufig zu konstruktiveren Entscheidungen. Ein großer Gewinn für Führungskräfte.

Gelassenheit in schwierigen Situationen

Oftmals wird argumentiert, dass das mit einer achtsamen Haltung einhergehende empathische Empfindungsvermögen der notwendigen Fähigkeit zur persönlichen Abgrenzung (z.B. beim Treffen harter Entscheidungen) im Wege stünde. Das Gegenteil ist jedoch der Fall: Achtsamkeit ermöglicht es die Realität des Augenblicks zu akzeptieren und somit Gelassenheit und Offenheit gegenüber schwierigen Konfliktsituationen zu erlernen. Man wird auch weiterhin in der Lage sein, schwierige Entscheidungen zu treffen; man trifft sie jedoch wertfreier, reflektierter und bewusster, was es einem erleichtert, Verantwortung dafür zu übernehmen und selbstbewusst das eigene Handeln zu reflektieren.

Stress durch Achtsamkeit in der Arbeitswelt reduzieren

Auch für Angestellte bringt ein Achtsamkeitstraining einiges an Vorteilen mit sich: Eine Online-Intervention mit Achtsamkeitsübungen für Angestellte ging mit reduziertem Stress, erhöhter Resilienz und Vitalität einher. Obwohl die Teilnehmer gleich viel schliefen wie zuvor, gab es zusätzlich weniger Tage, an denen sie zu „burned out“ zum Arbeiten waren (Aikens et al., 2014). Es liegt auf der Hand, dass die Produktivität ansteigt, da man weniger gestresst ist, sein Potenzial besser ausschöpfen kann und sich dabei auch noch wohl fühlt. Laut der Studie gibt es in diesem Fall eine Produktivitätssteigerung von 20 %.

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Ergebnisse von Aikens et al., 2014: Verlauf der Mindfulness-Interventionsgruppe; trotz unverändertem Schlafrhythmus und gleichbleibend körperlicher Betätigung sinken Stress- und Burn-Out-Episoden. 

Achtsamkeit vermag zu einer guten Unternehmenskultur beizutragen

Generell wird also deutlich, dass Achtsamkeitstraining mehr als eine Methode zur Stressregulierung für Unternehmen darstellt, sondern viel umfassender wirksam sein kann, da sich die Atmosphäre, die Kommunikation und der Zustand jedes Einzelnen im Laufe der Zeit verändern. Natürlich ist die gesamte Befindlichkeit eines Unternehmens nicht allein von der Anwendung achtsamkeitsfördernder Maßnahmen abhängig, aber es scheint ein sinnvoller Schritt, den/die Einzelne:n zu befähigen, eigenverantwortlich mit belastenden Arbeitsbedingungen umzugehen und zugleich die eigene psychische Gesundheit zu erhalten.

Die Regelmäßigkeit macht’s

Die genannten Erfolge des Trainings stellen sich freilich nicht von heute auf morgen ein, sie sind Teil eines umfassenden Entwicklungsprozesses, der eine gewisse Konstanz beim Üben und intrinsische Motivation des/der Einzelnen voraussetzen. Im Hinblick auf die vorteilhaften Auswirkungen und die Unkompliziertheit der Achtsamkeitsmaßnahmen sollte es jedoch nicht schwer sein, seine Mitarbeitenden zur Durchführung dieser zu motivieren. Alles im Alltag kann leicht zu einer Meditation, zu „Single-tasking“ umgemodelt werden: Essen, Gehen und sogar Sitzen kann achtsam durchgeführt werden und zur Entschleunigung des Alltags beitragen.

Achtsamkeit in der Arbeitswelt – Erkenntnisse aus diesem Artikel

  • Achtsamkeit kann das Wohlbefinden am Arbeitsplatz stärken und damit Stress senken und Produktivität steigern.
  • Regelmäßige Achtsamkeitsübungen ermöglichen kreativeres Problemlösen durch z.B. Thinking out of the box.
  • Achtsamkeit hat positive Auswirkungen auf die Atmosphäre in einem Meeting.
  • Achtsame Führung zeichnet sich nicht nur durch gesundheits- und leistungsfördernde, sondern auch soziale Effekte aus: bewussteres Handeln, Berücksichtigung sowie Erkennen von Bedürfnissen der Mitarbeitenden, Reduktion narzisstischer Tendenzen und das Treffen reflektierterer Entscheidungen.
  • Achtsamkeitsinterventionen gehen mit reduziertem Stress und erhöhter Resilienz sowie Vitalität einher.

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Quellen

Aikens, K. A., Astin, J., Pelletier, K. R., Levanovich, K., Baase, C. M., Park, Y. Y., & Bodnar, C. M. (2014). Mindfulness Goes to Work. Impact of an Online Workplace Intervention. Journal of Occupational and Environmental Medicine, 56(7), 721-731.

Pieter, A., & Wolf, G. (2014). Effekte betrieblicher Interventionen zur Stressreduktion auf das Wohlbefinden, ein metaanalytischer Review. Prävention und Gesundheitsförderung,9, 144–150.

Romhardt, K. (2016). Achtsame Kommunikation in Meetings. OrganisationsEntwicklung, 4,17-19.

Sauer, S., Andert, K., Kohls, N., & Müller, G. F. (2011). Mindful Leadership: Sind achtsame Führungskräfte leistungsfähigere Führungskräfte? Gruppendynamik & Organisationsberatung 42, 339-349

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