Ein traumatisches Erlebnis zu erfahren, ist sicherlich für jede:n Betroffene:n schwer zu verkraften. Aber was, wenn man von diesem Erlebnis nicht loslassen kann und es einen ständig im Alltag verfolgt. Welche Rolle die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) dabei spielt und was du gegen sie tun kannst, erfährst du in diesem Beitrag!
Eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist eine psychische Erkrankung, die als Folge auf ein als traumatisch empfundenes Ereignis auftreten kann. Ereignisse werden als traumatisch bezeichnet, wenn sie eine extrem bedrohliche Situation beschreiben, die die eigene Sicherheit bzw. das Leben einer anderen Person bedrohen.
Beispiele dafür könnten das Überleben eines Kriegs oder einer Naturkatastrophe sowie das Miterleben eines schweren Unfalls sein. Wichtig dabei ist allerdings, dass solche Ereignisse nicht unbedingt eine PTBS zur Folge haben müssen. Es kommt einzig und allein darauf an, wie die betroffene Person das Maß an Bedrohlichkeit für sein oder ein anderes Leben empfindet. Umso stärker fällt die emotionale Reaktion aus.
💡Komplexe posttraumatische Belastungsstörung
Eine Spezialform der PTBS ist die komplexe posttraumatische Belastungsstörung.
Die Komplexe PTBS ist eine Störung, die sich entwickeln kann, nachdem man einem Ereignis oder einer Reihe von Ereignissen von extrem bedrohlicher oder katastrophaler Natur ausgesetzt war. Diese sind meist lang anhaltende oder sich ständig wiederholende Ereignisse, denen man nur schwer oder gar nicht entkommen kann (z. B. Krieg, wiederholter sexueller, psychischer oder körperlicher Missbrauch in der Kindheit, Sklaverei oder lang anhaltende häusliche Gewalt).
Darüber hinaus ist die komplexe PTBS gekennzeichnet durch schwere und anhaltende:
- Probleme bei der Affektregulierung
- Überzeugungen, dass die eigene Person vermindert, besiegt oder wertlos sei, begleitet von Scham-, Schuld- oder Versagensgefühlen im Zusammenhang mit dem traumatischen Ereignis
- Schwierigkeiten, Beziehungen aufrechtzuerhalten und sich anderen nah zu fühlen
Diese Symptome können dabei zu erheblichen Beeinträchtigungen in persönlichen, familiären, sozialen, schulischen oder beruflichen Funktionsbereichen führen.
Die Ursachen für PTBS sind, wie auch bei anderen psychischen Erkrankungen sehr vielfältig.
Voraussetzung für eine posttraumatische Belastungsstörung ist allerdings immer, dass die betroffene Person einem oder mehreren traumatischen Ereignissen ausgesetzt war. Die Beispiele dafür reichen von dem Erleben sexueller Gewalt in der Kindheit, dem Überleben eines Krieges bis hin zu lebensgefährlichen medizinischen Notfällen, wie das plötzliche Auftreten eines Herzinfarktes. Aber auch das Miterleben von bedrohlichen Situationen für andere Personen kann zu einer PTBS führen.
Warum solche Situationen bei manchen Menschen zur PTBS führen und bei anderen nicht, hängt von folgenden Faktoren ab:
PTBS Symptome können sehr vielfältig sein. Sie können sich sowohl gleich nach dem Erleben des traumatischen Ereignisses zeigen, als auch über mehrere Wochen oder sogar Jahre verzögert auftreten. Im Allgemeinen spricht man allerdings von folgender Symptomatik:
Unter dessen leiden viele Betroffene unter Schuld- oder Schamgefühlen und haben ein stark vermindertes Vertrauen im Umgang mit Menschen.
Nicht selten treten auch andere psychische Erkrankungen bei von PTBS betroffenen Patienten, wie Angststörungen, Depressionen oder verschiedene Suchterkrankungen auf. Diese müssen im Falle einer Behandlung unbedingt mit einbezogen werden.
Posttraumatische Belastungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen zeigen häufig ein etwas anderes Bild der Symptomatik. Betroffene können sehr verhaltensauffällig werden, und anderen Kindern aggressiv oder ängstlich gegenübertreten. Ihre Wahrnehmung von sich selbst und von anderen ist so beeinträchtigt, dass sie große Schwierigkeiten haben, ihre Gefühle zu regulieren sowie vertrauensvolle Beziehungen einzugehen.
💡PTBS Häufigkeit
Laut Studien leiden ca. 2 bis 3 % aller Menschen jedes Jahr unter einer posttraumatischen Belastungsstörung. Dabei sind Männer weniger oft von einer PTBS betroffen, da Frauen statistisch gesehen häufiger mit traumatischen Ereignissen konfrontiert sind. Aber es gibt auch Personengruppen, bei denen wesentlich mehr als drei Prozent betroffen sind. PTBS bei Flüchtlingen tritt beispielsweise deutlich häufiger auf. So liegt die weltweite Wahrscheinlichkeit, als Geflüchteter eine posttraumatische Belastungsstörung zu erleiden bei ganzen 20 %.
Für die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung müssen folgende Kriterien vorherrschen:
Diese Symptome müssen über mindestens vier Wochen anhalten und zu erheblichen Beeinträchtigungen in persönlichen, familiären, sozialen, schulischen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen führen.
Die Diagnose einer PTBS kann dabei sowohl von Psycholog:innen und Psychiater:innen als auch von „normalen" Ärzt*:innen gestellt werden. Sollten diese Symptome auf dich zutreffen und du vermutest, an einer posttraumatischen Belastungsstörung zu leiden, dann such unbedingt eine:n Ärzt:in auf. Es nützt dir schließlich nichts, wenn du den Besuch aus Angst, dass du dich an diese Situation(en) erneut erinnern musst, hinauszögerst. So werden deine Symptome sehr wahrscheinlich nur schlimmer werden. Dein:e zuständige:r Arzt oder Ärztin wird dir sicher emphatisch gegenübertreten und versuchen, dir Schritt für Schritt zu einem normalen Alltagsleben zurückzuhelfen. Also, keine Sorge!
Sollte eine posttraumatische Belastungsstörung unbehandelt bleiben, führt diese in 30 % der Fälle zu einem chronischen Verlauf. Die posttraumatische Belastungsstörung ist zwar auch ohne Therapie heilbar, indem man die Symptome einfach aushält, allerdings würde man sich damit nur sinnlos quälen. Außerdem hält die Heilung ohne Therapie durchschnittlich ganze 64 Monaten an. Mit einer Therapie „nur" 36 Monate.
Nun sollte klar sein: An einer Behandlung der PTBS kommt man nicht vorbei! Vor allem dann nicht, wenn man an einer schwerwiegenden posttraumatischen Belastungsstörung oder einer komplexen PTBS leidet. Welche Therapiemethode allerdings am besten wirkt, hängt vom Trauma selbst, also den Beschwerden, die es hervorruft sowie von den Behandlungszielen der betroffenen Person ab.
Zu Anfang sei gesagt, dass das Ziel einer Therapie ist, dass Betroffene ihren Alltag wieder problemlos bewältigen können. Bei einer PTBS liegen die Erfolgschancen, geheilt zu werden, auch ziemlich gut, da es mehrere wirksame Therapieelemente gibt.
Auch möglich:
Medikamente sind bei der Behandlung einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht zwingend notwendig. Sie sollten jedoch vor allem dann als Ergänzung zur Therapie eingesetzt werden, wenn mögliche Besserungen zunächst ausbleiben oder wenn weitere Erkrankungen, wie eine Depression oder eine Angststörung vorliegen. Sollte ein:e Patient:in allerdings von sich selbst aus eine medikamentöse Behandlung bevorzugen, dann werden meistens Psychopharmaka wie Sertralin, Venlafaxin oder Paroxetin verschrieben. Diese „SSRI" (Selektive-Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer) unterstützen dabei, aufkommende negative Gedanken zu verringern und somit zu einer wirksameren Heilung der PTBS beizutragen.
Da es doch recht lang dauern kann, einen Platz in einer psychotherapeutischen Praxis zu bekommen, empfiehlt es sich, vor der Therapie Selbsthilfemaßnahmen zu ergreifen. Achtung! Diese Maßnahmen ersetzen keine therapeutische Behandlung und dienen nur als anfängliche Unterstützung, um die Zeit bis zur Therapie zu überbrücken.
Dazu eignen sich zuerst einmal Infoportale, über die theoretisches Wissen als auch praktische Unterstützung via Telefon, E-Mail oder Chat angeboten werden.
Beispiele dafür sind:
Aber auch das Anvertrauen an Familien & Freund:innen kann weiterhelfen. Wichtig ist, dass wenn du einer der Angehörigen der betroffenen Person bist, deinem/deiner Angehörig:in emphatisch und hilfsbereit gegenüberstehst. Da Betroffene oft von Scham- und Schuldgefühlen betroffen sind, ist das besonders wichtig! Zudem besteht auch die Möglichkeit, sich über Selbsthilfegruppen zu posttraumatischen Belastungsstörungen mit anderen Betroffenen auszutauschen. Dazu gibt es hier eine passende Übersicht, der bestehenden Gruppen.
Du weißt nun, was eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist, welche Ursachen und Symptome diese hat und wie sie behandelt werden kann. Hast du denn auch Interesse, mehr über andere psychische Störungsbilder wie die Zwangsstörung zu erfahren? Dann haben wir den passenden Beitrag für dich. Wir sehen uns dort!
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Augsburger, Mareike/Maercker, Andreas: Posttraumatische Belastungsstörungen. {PTBS und KPTBS: Ein Leitfaden für die Diagnostik und Behandlung}, Stuttgart 2020.
Gahleitner, Silke Birgitta/Zimmermann, Dorothea/Zito, Dima: Psychosoziale und traumapädagogische Arbeit mit geflüchteten Menschen, Göttingen 2017.
Heedt, Thorsten: Psychotraumatologie (griffbereit). {Traumafolgestörungen und ihre Behandlung}, Stuttgart 2018.
Korittko, Alexander: Posttraumatische Belastung bei Kindern und Jugendlichen. {Erkennen, verstehen, lösen}, Heidelberg 2021.
Van der Kolk, Bessel A.: Verkörperter Schrecken. {Traumaspuren in Gehirn, Geist und Körper und wie man sie heilen kann}, {7. Auflage}, Lichtenau/Westfalen 2021.
Weiß, Wilma/Kessler, Tanja/Gahleitner, Silke Birgitta: Handbuch Traumapädagogik, Weinheim 2016.
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Posttraumatische Belastungsstörungen sind eine ernste Sache. Und anders als vielleicht manche denken, kann Ptbs auch nach einem Überfall auftreten. Wichtig ist, vorher resilient zu sein. Krisenmanagement kann präventiv einiges abfangen.