Achtsamkeit in der Natur ist im Trend: Vor allem das Waldbaden, eine Entspannungsmethode, die in den 1980ern in Japan entwickelt wurde, kann unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden positiv beeinflussen. Sie besteht aus einer Kombination aus langsamem Spazierengehen und Achtsamkeitsübungen, oft ergänzt durch Meditationen (z.B. Gehmeditation) oder Yoga. Während das japanische Konzept einem festgelegten Vorgehen folgt, werden Waldbaden-Touren in Europa flexibler gestaltet und enthalten neben den oben genannten Aspekten beispielsweise auch erlebnispädagogische oder naturkundliche Inhalte.
Waldbaden als Entspannungs- und sogar Therapiemethode wird intensiv wissenschaftlich beforscht. Aktuelle Befunde zeichnen dabei ein Bild, das bestätigt, was wir intuitiv sowieso schon wissen: Der Aufenthalt im Wald ist gut für unsere körperliche und psychische Gesundheit, kann Stresserleben reduzieren und unser Wohlbefinden steigern.
Folgende aktuelle Studien konnten die positiven Effekte des Waldbadens bestätigen:
- In einer Metaanalyse konnte gezeigt werden, dass Waldbaden bei der Reduktion von Symptomen von Depression und Ängsten unterstützen kann (Siah et al., 2023).
- Regelmäßiges Waldbaden konnte in einer Studie mit Jugendlichen dazu beitragen, Stresserleben zu reduzieren und Gefühle von Ruhe, Entspannung und Freude zu steigern (Keller et al., 2023).
- Im Vergleich zu Wandertouren, die ebenso wie Waldbaden die Stimmung positiv beeinflussen können, ist Waldbaden zusätzlich in der Lage, Gefühle von Angst und andere negative Emotionen zu reduzieren (Muro et al., 2023).
Waldbaden bietet mehr als ein Spaziergang!
Viele kennen es vielleicht: Man nimmt sich Zeit für einen Spaziergang, doch bemerkt nach kurzer Zeit, dass es schwer ist, sich richtig einzulassen. Die Gedanken schweifen ständig ab, drehen sich um Arbeit, Alltag, Probleme. Zwischendurch greift die Hand wie ferngesteuert nach dem Handy, der Blick klebt auf dem Bildschirm, die Kulisse der Natur gerät beinahe in Vergessenheit. Die so dringend gewünschte Entspannung will sich einfach nicht einstellen. So sieht Achtsamkeit in der Natur eher nicht aus!
Das Waldbaden als achtsamkeitsbasierte Entspannungsmethode setzt genau hier an. Ablenkungen werden gezielt reduziert, die sorgfältig ausgewählten Übungen schaffen einen Rahmen, der es uns leichter macht, zur Ruhe zu kommen. Anders als bei einem herkömmlichen Spaziergang folgt eine angeleitete Waldbaden-Tour einem zuvor geplanten Vorgehen, das dabei unterstützen soll, abzuschalten und etwas Distanz zur Hektik des Alltags zu finden.

Achtsamkeit in der Natur – ein Erfahrungsbericht
Als Waldbaden-Coach habe ich bemerkt, dass meine Teilnehmer*innen immer wieder von ähnlichen Erlebnissen oder Empfindungen während des Waldbadens berichten. Die Haltung der Achtsamkeit scheint hierbei der Schlüssel zu sein, der bewirkt, dass das Waldbaden seine positive Wirkung auf unser Wohlbefinden entfalten kann. Wir finden Abstand zum Alltag, lassen Stress und Hektik los, spüren Verbundenheit mit der Natur und machen neue Erfahrungen.
Auf diese 6 Arten kann Achtsamkeit in der Natur unser Wohlbefinden fördern:
- Loslassen und Kontrolle abgeben: Absichtslos zu sein, ist ein Kernaspekt einer achtsamen Haltung. Das gilt natürlich auch für die Praxis der Achtsamkeit in der Natur. Es bedeutet, sich voll und ganz auf das Hier und Jetzt einzulassen, statt wie sonst üblich ein bestimmtes Ziel zu verfolgen und dabei ständig alles im Blick zu behalten. Bei einer angeleiteten Waldbaden-Tour sind die Teilnehmer*innen eingeladen, Kontrolle abzugeben. Sie müssen sich um nichts kümmern: Es ist nicht nötig, dass sie den Weg kennen oder wissen, wie viel Uhr es ist. Der Druck, gedanklich immer 3 Schritte voraus sein und stets den Überblick über alles haben zu müssen, den viele Menschen im Alltag verspüren, darf beim Waldbaden für einige Stunden abgelegt werden. Viele Teilnehmer*innen beschreiben dies als große Entlastung.
- Digital Detox und Ablenkung reduzieren: Beim Waldbaden bleiben die Handys zuhause – oder zumindest stummgeschaltet im Rucksack. Was anfangs für viele Waldbaden-Teilnehmer*innen ungewohnt ist und bisweilen leichtes Unbehagen weckt, wird meist schon nach kurzer Zeit als erleichternd erlebt. Nicht erreichbar zu sein, heißt nämlich, nicht von außen abgelenkt zu werden – und nicht abgelenkt zu werden wiederum ermöglicht, im Hier und Jetzt anzukommen und sich ganz und gar dem zuwenden zu können, was man gerade tut. Hierdurch besteht die Möglichkeit, in einen Flow-Zustand (Csíkszentmihályi, 1985) zu gelangen: einen als angenehm empfundenen Zustand des Sich-Vertiefens in die gegenwärtige Tätigkeit, während Gedanken an alles andere in den Hintergrund treten.
- Gedankliches Abschweifen verringern: Nicht nur die Reduktion von Ablenkung von außen, sondern auch der feste Ablauf einer Waldbaden-Tour kann dabei unterstützen, das Abdriften in Gedanken, Sorgen oder innerliche To-Do-Listen zu verringern. Der Rahmen aus verschiedenen Übungen soll den Teilnehmer*innen die Möglichkeit geben, zeitnah zu bemerken, wenn man sich in Gedanken oder Plänen verliert, und wieder bewusst ins Hier und Jetzt zurückzukehren. Achtsamkeit in der Natur und der Fokus auf die vielen Details, die es im Wald zu entdecken gibt, können uns dabei unterstützen, uns in der Gegenwart zu verankern. Viele Teilnehmer*innen berichten, dass sie hierdurch Dinge in der Natur wahrnehmen, die sie normalerweise wohl übersehen würden: eine kleine Blume am Wegesrand, ein majestätischer Baumpilz oder der Gesang eines Vogels.
- Abstand finden und auf neue Gedanken kommen: Durch den Fokus auf die achtsame Wahrnehmung der Natur soll während des Waldbadens etwas Abstand zu unseren alltäglichen Herausforderungen entstehen und eine kleine „Denkpause“ eingelegt werden. Zwar lassen sich unsere Gedanken nicht völlig „abschalten“, aber viele Waldbaden-Teilnehmer*innen berichten, dass sie nach einiger Zeit im Wald eine Veränderung ihres Denkens wahrgenommen haben. Ihre Gedanken scheinen auf einmal flexibler geworden zu sein, zwischendurch blitzt eine optimistische Idee hervor und auf einmal kommen neue Lösungsansätze für Probleme in den Sinn, über die man gar nicht bewusst nachgedacht hat.
- Sich selbst weniger wichtig nehmen: Viele kennen es vielleicht – beim nächtlichen Blick in den Sternenhimmel fühlen wir uns auf einmal ganz klein. Unsere Existenz scheint vor dem Hintergrund des unendlichen Universums geradezu unbedeutend. Auch beim Waldbaden kann der Anblick der Natur ein vergleichbares Empfinden hervorrufen. Bei vielen Menschen löst dieses Erleben ein Gefühl von Erleichterung aus: Wir nehmen uns in der Folge selbst weniger wichtig und unsere Probleme für einen Moment etwas weniger schwer. Achtsamkeit in der Natur zu praktizieren kann uns also dabei helfen, den Fokus auf uns selbst und unsere individuellen Probleme ein wenig aufzulockern.
- Verbundenheit spüren: Die achtsame Wahrnehmung der Natur und die bewusste Auseinandersetzung mit ihr können unser Gefühl der Verbundenheit mit der Natur stärken. Viele Teilnehmer*innen von Waldbaden-Touren berichten, dass sie sich im Wald als Teil der Natur erlebt und eine Verbindung gespürt haben. In der Psychologie und Soziologie wird dieses Erleben mit der Biophilie-Hypothese erklärt, gemäß der wir eine evolutionär bedingte Neigung dazu haben, uns mit der Natur zu verbinden und in ihr Gefühle von Freude oder Lebendigkeit zu empfinden. Kein Wunder also, dass der Aufenthalt in der Natur unser Wohlbefinden fördert.

Die Natur als Ort der Erholung neu entdecken
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich neben den Langzeitwirkungen, die zumeist Ziel von Forschungsarbeiten zum Thema Waldbaden sind, in der Praxis auch viele kurzfristige Effekte des Waldbadens und der Achtsamkeit in der Natur erkennen lassen. Die Haltung der Achtsamkeit scheint hier der Schlüssel zu sein, der das Waldbaden von anderen Aktivitäten in der Natur unterscheidet.
Gerade für Personen, die schnell von ihren Gedanken davongetragen werden, kann das Konzept des Waldbadens dabei unterstützen, den Alltag für eine Weile loszulassen. Achtsamkeit in der Natur zu praktizieren, kann uns dabei helfen, zu innerer Ruhe zu finden und Stress zu reduzieren.
Wie sieht es bei euch aus? Praktiziert ihr Achtsamkeit in der Natur oder habt ihr schon mal an einer Waldbaden-Tour teilgenommen? Verratet es uns in den Kommentaren!
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