Vom Perfektionismus zum Burnout? –  5 Wege aus dem Selbstoptimierungswahn

Veröffentlicht am
26 Juni 2025
Zuletzt aktualisiert
26 Juni 2025

 

Wer nur 5 Minuten auf Social-Media verbringt erkennt es – wir sind im Zeitalter des Selbstoptimierungswahnes. Welche Gefahren vom übermäßigen Drang zur Perfektion ausgehen und was Du machen kannst um achtsam mit Selbstverbesserung umzugehen, erfährst Du in diesem Artikel.

 

Selbstverbesserung ohne Selbstoptimierungswahn?

Sich selbst zu reflektieren, eigene Schwächen zu erkennen und an sich zu arbeiten – wie schaffen wir es an uns zu arbeiten ohne dem Selbstoptimierungswahn zu verfallen. Es war noch nie so einfach wie heute: Ein Klick im Internet genügt, und man findet unzählige Möglichkeiten, die eigenen kleinen „Macken“ zu optimieren. Ob ein neues Fitnessprogramm, das endlich für mehr Ausdauer sorgen soll, ein Schlaf-Hack für erholsamere Nächte oder ein Beziehungsratgeber, um die Partnerschaft zu vertiefen– der Weg zum „besseren Ich“ scheint nur einen Schritt entfernt.

Dank dieses innewohnenden Wunsches sich selbst zu verbessern, haben wir es geschafft uns von Höhlenmenschen aus der Steinzeit zu jenen Menschen zu entwickeln, die wir heute sind. Doch es gibt auch eine Schattenseite: Selbstoptimierung ist ein endloser Prozess. Wenn wir überall nur das Potential für Verbesserung sehen, dann werden wir uns nie gut genug fühlen.

Unser Tag hat 24 Stunden – und in diese Zeit sollen wir alles unterbringen: optimalen Schlaf, ausgiebiges Training, gesunde Ernährung, 110 % im Job, Quality Time mit der Familie, Journaling, Meditation, Freundschaften pflegen, uns weiterbilden, vielleicht uns sogar ehrenamtlich engagieren – und dabei natürlich stets gut gelaunt bleiben. Wenn wir all das schaffen – sind wir dann endlich optimal? Oder haben wir einfach nur die optimalen Bedingungen für ein Burnout geschaffen?

Woher dieser Selbstverbesserungstrend kommt, welche Gefahren darin liegen – und wie Du lernen kannst, Dich selbst nicht ständig unter Druck zu setzen und trotzdem zufrieden zu sein, erfährst Du in diesem Artikel.

Selbstoptimierungswahn

🔍Was ist der Selbstoptimierungswahn überhaupt?

Laut Duden bezeichnet der Begriff Selbstoptimierungswahn eine stark ausgeprägte und negativ bewertete Form der Selbstoptimierung. Selbstoptimierung wiederum wird als die freiwillige Anpassung an äußere Zwänge, gesellschaftliche Erwartungen oder Ideale verstanden – mit dem Ziel, den eigenen bestmöglichen Zustand zu erreichen. Der Begriff Wahn impliziert dabei eine festgesetzte, aber falsche Vorstellung, die sich verselbstständigen kann.

Was mit harmloser Selbstfürsorge beginnt, kann sich zu einem endlosen Prozess der ständigen Selbstverbesserung entwickeln – geprägt von Selbstdisziplin, permanenter Selbstkontrolle und ständiger Rückmeldung durch äußere oder digitale Feedbackmechanismen. Dieser Drang zur Optimierung kann alle Lebensbereiche erfassen: Körper, Karriere, Gesundheit, Beziehungen, Freizeit oder sogar Schlaf. Dabei wird generell das Ziel verfolgt, das eigene Glück zu maximieren oder sich selbst zu verändern um etwas „Gutem“ zu erreichen – doch was genau als gut gilt, ist normativ geprägt und gesellschaftlich vorgegeben.

Wie aus Selbstverbesserung ein Burnout wird

Gerade diese normativen Vorstellungen bergen die Gefahr, dass Menschen sich in ihrer Selbsteinschätzung irren. Wer beispielsweise glaubt, nur mithilfe einer Schönheitsoperation zufriedener zu werden, kann dabei gravierende gesundheitliche Risiken übersehen. Ebenso geht Optimierung in einem Lebensbereich oft mit Verlusten in einem anderen einher: Wer etwa versucht, der oder die perfekte Kolleg*in oder engagierteste*r Mitarbeiter*in zu sein – mit Überstunden, ständiger Verfügbarkeit und zusätzlicher Verantwortung – verliert nicht selten die Zeit für soziale Kontakte oder regenerierende Freizeitaktivitäten.

In diesem ständigen Hamsterrad der Selbstverbesserung kann leicht übersehen werden, wann Erschöpfung einsetzt. Was zunächst nach gesundem Ehrgeiz aussieht, kann sich unbemerkt in psychische Erschöpfung verwandeln. Perfektionismus geht häufig mit negativen Gefühlen einher, etwa mit Selbstwertverlust, Sorgen, sozialem Druck und depressiven Zuständen. Zudem gilt er als Risikofaktor für psychische Erkrankungen wie Burnout, Depressionen und Angststörungen. Die Grenze zwischen gesunder Selbstfürsorge und krankhaftem Selbstoptimierungswahn ist dabei oft unscharf und individuell unterschiedlich. Wer ins extreme geht und die Work-Life-Balance zwischen Arbeit an sich selbst und Genießen des Lebens nicht mehr aufrechterhalten kann, riskiert ernsthafte gesundheitliche Folgen – sowohl körperlich als auch psychisch.

 

Warum unsere Gesellschaft Perfektionismus fördert

Gemeinschaft

Unsere kapitalistische westliche Gesellschaft ist geprägt von Konsum, Leistungsdenken und politischem Individualismus. Die Menschen streben nach Erfolg, Perfektion und Schönheit. Durch soziale Medien wird es möglich, eigene Errungenschaften öffentlich zu präsentieren und sich permanent mit anderen zu vergleichen. Dies führt häufig dazu, dass das Selbstwertgefühl vieler Nutzer*innen leidet – und gleichzeitig ein verstärktes Konkurrenzdenken entsteht. Wer nur noch mit sich selbst beschäftigt ist, läuft Gefahr, den Kontakt zu anderen zu verlieren – unsere Gesellschaft droht zu vereinsamen

 

Industrie

Unübersehbar ist auch, dass die Industrie von diesen Selbstzweifeln profitiert. Vor allem Branchen rund um Schönheitschirurgie, Ratgeberliteratur, Nahrungsergänzungsmittel oder Selbstvermessungs-Technologien leben vom Wunsch nach einem besseren Selbst.

 

Ungleichberechtigung

Die scheinbar einfache Verfügbarkeit von Selbstverbesserung macht es jedoch gerade jenen schwer, die nicht über die finanziellen, zeitlichen oder gesundheitlichen Ressourcen verfügen, um „mitzuhalten“. Wenn wir davon ausgehen, dass jeder Mensch seine Probleme allein durch mehr Anstrengung lösen kann, riskieren wir, wirklich Hilfsbedürftige aus dem Blick zu verlieren. Nicht jeder Mensch ist in der Lage, ständig nach Perfektion zu streben oder individuelle Verantwortung für alle Lebensbereiche zu übernehmen. Gerade unterprivilegierte Gruppen erleben, dadurch verstärkt Gefühle von Ausgrenzung und Minderwertigkeit.

 

Umwelt

Der ständige Drang, an der Spitze mitzuhalten, wirkt sich darüber hinaus auch negativ auf die Nachhaltigkeit aus. Der Selbstoptimierungswahn befeuert einen nicht endenden Kreislauf aus Trends, Hypes und neuen Produkten, die immer kürzerer Lebensdauer unterliegen.  So entsteht ein Kreislauf aus Überkonsum und Ressourcenverschwendung, bei dem das Streben nach Selbstoptimierung, die mit wachsendem Umweltverbrauch verknüpft ist.

Tipps: Warum Meditation für Anwält*innen so wichtig ist

💡Was Du gegen den Selbstoptimierungsdruck tun kannst

Hier sind fünf konkrete Ansätze, die Dein helfen können, einen gesunden Umgang mit dem Thema Selbstoptimierung zu finden, ganz ohne Selbstoptimierungswahn:

 1.Hinterfrage Deine Motivation

Bevor Du Dich auf die nächste Veränderung einlässt, frage dich: Warum möchte ich das überhaupt? Was verspreche ich mir davon? Ist es wirklich dein eigener Wunsch – oder resultiert er aus gesellschaftlichen Erwartungen oder Vergleichen mit anderen? Wenn Du erkennst, dass der Impuls von außen kommt, kannst Du bewusst entscheiden, ob Du ihm folgen willst. Tu das, was Dir wichtig ist, was Dich glücklich macht – nicht das, was andere von Dir erwarten.

 

2. Hinterfrage Deine Ideale

Welche Ideale verfolgst Du in bestimmten Lebensbereichen – etwa in Bezug auf Aussehen, Erfolg oder Beziehungen? Und woher stammen diese Vorstellungen? Oft übernehmen wir unbewusst gesellschaftliche Normen, ohne sie zu hinterfragen. Mach Dir klar, ob diese Ideale wirklich mit Deinen eigenen Werten übereinstimmen – oder ob Du etwas anstrebst, das gar nicht zu Dir passt.

 

3. Akzeptiere Dich selbst

Bevor Du versuchst, Dich zu verändern, nimm Dir einen Moment Zeit, um über Deine „Macken“ zu reflektiere. Sind sie tatsächlich ein Problem – oder nur kleine Abweichungen von gesellschaftlichen Erwartungen? Denke darüber nach, was Dir im Leben wirklich wichtig ist und passe Deine Ziele entsprechend an. Sei sanft zu Dir selbst. Du musst nicht in allem perfekt sein. Deine schiefe Nase, Deine Vergesslichkeit oder dein Hang zum Chaos machen Dich nicht weniger wertvoll.

 

4. Lenke Deine Aufmerksamkeit nach außen

Anstatt Dich ständig mit Deinen vermeintlichen Fehlern zu beschäftigen, richte den Blick bewusst auf den Moment und auf Deine Umgebung. Was siehst Du gerade? Was hörst Du? Was spürst Du? Es kann auch helfen, sich für etwas zu interessieren, das über sich selbst hinausgeht– etwa mit Kunst, Wissenschaft, Literatur, Sport oder Natur. – Geh in die Welt!

 

5. Steig aus dem Hamsterrad aus

Erkenne, wann Du in einer Spirale aus Selbstoptimierung und Leistungsdruck gefangen bist. Du musst nicht ständig produktiv, effizient und verbessert sein. Gönn Dir Pausen, Langeweile und Unvollkommenheit. Echte Zufriedenheit entsteht nicht durch Perfektion. Probiere es doch mal mit einer kurzen Meditation um bei Dir selbst anzukommen.

 

 

🧘‍♀️Auch Achtsamkeit ist nicht vor Optimierungswahn sicher

Wenn Meditation zur Leistungspflicht wird

Auch Meditation ist nicht automatisch frei von den Mechanismen des Selbstoptimierungswahns. Was ursprünglich als Praxis der inneren Einkehr, der Entschleunigung und des seelischen Gleichgewichts gedacht war, wird zunehmend instrumentalisiert – als Mittel zur Steigerung von Produktivität, Stressresistenz oder gar zur Verwirklichung körperlicher Ideale wie ewiger Jugend oder „Biohacking“.

Wenn wir auch beim Meditieren einem übersteigerten Leistungsdenken folgen – etwa, indem wir zwanghaft versuchen, immer achtsamer, präsenter, gelassener zu werden oder auch wenn Meditation letztendlich ein weiterer lästiger Punkt auf der täglichen To-do-Liste ist – dann wird selbst diese Praxis zur Bühne für Vergleich, Bewertung und Druck.

Frau frustriert vor Laptop. Burnout

Zurück zum Sinn: Meditation als Einladung zur Selbstannahme

Es lohnt sich deshalb, sich daran zu erinnern, wofür Meditation eigentlich gedacht ist: nicht als Mittel zum Zweck, sondern als Geschenk an sich selbst, als Weg zur inneren Ruhe, Selbstakzeptanz und zur Verbindung mit dem gegenwärtigen Moment.

Fazit: Es ist genug einfach Du zu sein

Selbstoptimierung kann motivieren – aber sie darf nicht zur Hauptaufgabe Deines Lebens werden. Wir sind mehr als unsere Leistung, unser Aussehen und unsere Errungenschaften. Meditation kann Dir dabei helfen Dich nicht im Selbstoptimierungswahn zu verlieren. Sie lädt uns ein, langsamer zu werden, wieder bei uns selbst anzukommen, Fehler nicht zu bekämpfen, sondern zu akzeptieren – und zu erkennen, dass es in Ordnung ist, einfach nur zu sein.

Wie schätzt Du Dich selbst ein? Fühlst Du manchmal auch den Druck, immer noch besser, produktiver oder perfekter sein zu müssen? Kennst Du die Anzeichen des Selbstoptimierungswahns?

Dann gönn Dir bewusst kleine Auszeiten – zum Beispiel mit einer unseren geführten Meditationen. Nicht als neues Ziel auf Deiner To-do-Liste, sondern als freundliche Einladung an Dich selbst, um Dich wieder mit Dir selbst zu verbinden.

Häufige Fragen zum Selbstoptimierungswahn

Was ist Selbstoptimierungswahn?

Der Selbstoptimierungswahn beschreibt eine zwanghafte, übersteigerte Form der Selbstverbesserung: ein unendlicher Kreislauf aus verstärktem Druck, sich immer weiter zu optimieren. Er ist laut Duden negativ konnotiert und begleitet von Perfektionismus, Selbstwertverlust, sozialem Druck und dem Risiko für Burnout oder mentale Erkrankungen.

 

Wie optimiert man sich selbst?

  Selbstoptimierung geschieht über gezielte Veränderungen im eigenen Verhalten, z. B. durch:

        • Fitnessprogramme
        • gesunde Ernährung,
        • Schlafhacks,
        • Meditation zur Leistungssteigerung,
        • Produktivitätstools,
        • Apps zur Selbstüberwachung (z. B. Schrittzähler, Kalorienzähler).

⇒ Dabei wird oft versucht, sich einem gesellschaftlichen Ideal anzupassen, anstatt den eigenen Bedürfnissen zu folgen.

⇒ Diese Maßnahmen basieren oft mehr auf externem Druck – gesellschaftlich oder medial – als auf innerem Bedürfnis

Was ist Selbstoptimierung einfach erklärt?

Selbstoptimierung bedeutet, dass man bewusst versucht, sich in Bereichen wie Körper, Geist, Emotion oder Verhalten zu verbessern, um ein bestimmtes Ideal zu erreichen – beispielsweise effizienter, gesünder oder erfolgreicher zu werden. Das Ziel: ein „besseres“ Ich zu entwickeln

 

Was ist ein Synonym für Selbstoptimierung?

Mögliche Synonyme (je nach Kontext) sind:

      • Selbstverbesserung, Persönlichkeitsentwicklung, Selbstmanagement, Leistungssteigerung, Lebensoptimierung
      • Im negativen Sinne: Selbstüberforderung, Optimierungsdruck, Perfektionsstreben

    Woher kommt der Trend zur Selbstoptimierung?

    Der Trend entsteht aus einer Kombination mehrerer gesellschaftlicher Faktoren, unter anderem:Kapitalistische Gesellschaft:

        • Fokus auf Leistung und Individualismus.
        • Social Media: ständiger Vergleich, Inszenierung, Likes als Bestätigung
        • Industrieinteressen: z. B. Beauty‑, Fitness‑, Nahrungsergänzungsmittel‑ oder Tracking‑Branche profitieren vom Perfektionsdruck
        • Individualisierte Verantwortung: Probleme werden zunehmend als persönliches Versagen interpretiert – soziale Strukturen geraten aus dem Fokus

       

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    Quellen

    Balandis, O., & Straub, J. (2018). Selbstoptimierung und Enhancement. Journal für Psychologie, 26, 131–155. https://www.journal-fuer-psychologie.de/article/view/307.

    Bröckling, U. (2013). Das unternehmerische Selbst (5. Aufl.). Frankfurt am Main: Suhrkamp.

    Fenner, Dagmar: Selbstoptimierung, https://www.bpb.de/themen/umwelt/bioethik/311818/selbstoptimierung/, (2020), Abruf am 20.06.2025.

    Piron, H. (2020). Meditationstiefe. In Psychotherapie: Praxis (pp. 233–244). Springer-Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-662-58881-9_11.

    Wenzel, E. (2024). Selbstoptimierung: Ist unsere Gesellschaft von der Sucht nach Selbstmanagement besessen? Wenn ja, was ist so schlimm daran? In Megatrend Gesundheit: Wie Digitalisierung und Individualisierung unsere Gesundheitsversorgung revolutionieren. Megatrends und Transformations-Management (Kap. 9). Springer Gabler. https://doi.org/10.1007/978-3-662-68688-1_9 .

    Whiting, R. (2022). Neoliberalism and the ideal of the self-optimizing subject: Social media and the psychological burden of self-improvement. Current Sociology, 71(1), 3–20. https://doi.org/10.1177/00113921221146575 .

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